Dieses kleine Sofa habe ich vor mehr als 40 Jahren in Hamburg gekauft. Wir haben lange darauf gesessen bis das das – zugegeben – schrecklich bezogene Sitzpolster vorn vollständig abgerissen war, wobei wir zuletzt ein Schaffell über die Sitzkante gelegt hatten. Wegen der Räumung des Ladens, die auch meine Sammlung betrifft, gebe ich es für ein Stück Obst und ein Hühnerembryo her. Naja, nicht ganz so wenig, 450 € hätte ich gern dafür.
Inzwischen habe ich mal meine Handwerker gebeten, eine Kostenschätzung zu machen und bin auf einen Gesamtpreis für das fertige Canapé von etwa 1.800 € gekommen. Dabei ist 1,6 m Stoff für 100 €/m und 6,5 m Doppelkeder für 12 €/m über der Nagelkante enthalten. natürlich auch die Reparatur der kleinen Brüche und eine Überarbeitung der Oberfläche mit Schonung der Patina.
Der Entwurf stammt wohl von Gustav Siegel, so las ich es bei Herrn Kovacs aus Wien, der vor Jahren den passenden vierbeinigen Tisch im Angebot hatte. Im Kohnkatalog von 1904 (Reprint von Éditions Volutes 1900) ist auf Seite 54 abgebildet, was es alles zum Salon gab. Später kam noch ein dreibeiniger Tisch dazu. Hocker und Tische sind gut anzusehen, aber Fauteuil und Sessel erschrecken mehr als dass sie gefallen, weil die Rückenpolster zu schmal für die Proportion der Gestelle sind. Aber das Sofa – ein in die Breite gezogenes Fauteuil – gewinnt durch diese Operation und verbreitet die Stimmung des schwungvollen Jugendstils zur Jahrhundertwende 1900.
Das Bild zeigt die helle rötliche Farbe und die eleganten Broncefüsse. Der Bezug könnte der erste sein, auch damals hat es seltsamen Geschmack gegeben. Die weiteren Bilder zeigen an den engen Kurven des Rückenrahmens kleine, bugholztypische Aufplatzungen, die ein selbsternannter Meisterrestaurator mit Wachs verklebt hat. Oder war ich das selbst vor vierzig Jahren – hoffentlich nicht!
Die Vorderbeine müßten neu eingeleimt werden und der Rahmenschluss des Rückenpolsters verdient eine verbesserte Leimung – siehe letztes Bild. Die Oberfläche könnte nur mit intensiver Polish-Abreibung schon angenehm gestaltet werden. Wer damit zufrieden ist, muss nur noch eventuelle Kratzer und die Reparatur der Aufplatzungen nachbeizen. Eigentlich sollte man nicht mehr daran arbeiten, sonst hat man bald ein fabrikneues Möbel und der Charme der Patina von 100 Jahren ist an einem Tag verloren… …jetzt noch zum Polsterer und man hat ein Prunkstück zum Preis einer Kiste Äpfel und eines Korbs Eier.
Wer das Canapé 326 haben möchte, es aber nicht abholen kann, sei auf die Dienste meiner Spediteuse verwiesen, deren Kontakt ich im Bedarfsfall gern zugänglich mache.