Wer zu mir bis Ende 2015 in den Laden kommt, findet in vier Räumen eine chaotisch anmutende Menge von Bugholzmöbeln, deren Lagerordnung sich nur langsam erschließt. Mancher erzählte mir später, dass sein erster Gedanke war: „Der ist entweder völlig irre, oder weiss, was er tut.“ Da alles auch den Eindruck eines langsamen Wachstums bis zum aktuellen Stand vermittelt, entscheiden sich fast alle für das Zweite – – –

Ja, man liest richtig – una furtiva lagrima rinnt aus dem Augenwinkel – ab 1. 1. 2016 ist Schluss mit dem Laden, alles wird verkauft und „die schiere Menge“ zwingt wieder zu absolut niedrigsten Preisen – außer für die Edelsteine… und natürlich nicht für Aufarbeitungen. Aber weiter im alten Text:

Die schiere Menge zwingt zum einzig möglichen Vorgehen im Verkauf. Die Kunden, also Sie, suchen sich etwas aus und lassen es dann nach ihren Wünschen aufarbeiten oder nehmen es so mit und machen es selbst. Das unterstütze ich natürlich, denn ich kann mehr verkaufen, als ich jemals aufarbeiten könnte. Außerdem vereinfacht es die Lagerung, wenn fast alles ohnehin ramponiert ist und nicht wie rohe Eier behandelt werden muß.

Wer also bei mir kauft, kann viel mitbestimmen wie es werden soll, aber bezahlt mit Wartezeit. Termine können wir nicht zu Vertragsbestandteilen machen. Wir sind nur zu zweit – wird einer krank, fällt alles hinten runter. Ansonsten sind wir flexibel und versuchen unser Bestes, Termine für Umzug nach Kapstadt oder Geschenke zum 80sten Geburtstag einzuhalten – Geschenktermine werden Chefsache. Bisher haben wir letztere immer geschafft und nach Kapstadt kann man das Meiste auch per Post schicken.

Ausleihen von Interimsstücken ist unser Service zum Ertragen der Wartezeit, bis das Gekaufte fertig ist. Sie können schon mal sitzen und wir haben Ruhe zum Arbeiten – dann wird das Ergebnis auch besser! Für manche Aufgaben braucht man ein gelassenes Gemüt, um sich die beste Methode der Instandsetzung auszudenken. Es kommt dem Möbel zugute – bedenken Sie: in den nächsten Jahrzehnten hat es wahrscheinlich nicht wieder diese Chance. Dazu eine Geschichte von Bertold Brecht:

Herr K. kaufte einen alten Stuhl. Als dieser fertig repariert war, kam Herr K. um ihn abzuholen. Der Händler gab ihm den Stuhl mit den Worten: „So, jetzt wird der Stuhl einige Zeit bei Ihnen stehen.“ Herr K. versicherte, dass er den Stuhl auf Dauer behalten und nicht mehr weggeben wolle. „Das meinte ich nicht“, sagte der Händler, „der Stuhl wird ja irgendwann wieder Erbmasse.“
Herr K. erbleichte.

Bei der Autorenangabe könnte ich mich geirrt haben, nicht aber bei der Moral der Geschichte: die Dauer der Dinge wird immer vergessen…

Zum Schluss ein Wort zu Preisen und Werten. Beides hat nur wenig miteinander zu tun. Preise werden von der Nachfrage geschaffen und von der Wette des Händlers beim Einkauf, dass er einen Gewinn machen kann. Sie als Käufer setzen eine Priorität, was Sie mit dem Geld machen wollen, das Sie nicht für existenzielle Bedürfnisse brauchen. Was Ihnen Ihr Geld wert ist, bleibt immer eine emotionale Sache – ich empfehle nur, Sie mögen das am meisten Gemochte kaufen, denn es behält am längsten seinen von Ihnen selbst beigemessenen Wert. Weiter mische ich mich nicht ein.

Wer jetzt bei mir kauft, weiss, was er tut. Ich freue mich auf Ihren Besuch, denn der Verkauf findet bei mir im Laden statt. Wenn Sie nicht kommen können, komme ich zu Ihnen.

PS: Für alle Objekte gilt: Preise auf Anfrage; Objekte ohne Herstellerangabe sind von Thonet.

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